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Skulptur / Partizipation / Bühne / Ausstellung / Text / vita / impressum

KÖRPERGRENZEN

Perfekte Koerper in einer fehlerhaften Wirklichkeit

#Die Idee__ist mit einer gemischten TeilnehmerInnengruppe, KünstlerInnen des Blaumeier Ateliers und KunststudentInnen der Universität Bremen, künstlerisch zum Thema Körper“ zu arbeiten. Die Teilnehmenden sollten direkt am Modell intensiv Aktzeichnen bzw. -modellieren. Auch die Modelle sollten ungewöhnliche und vielfältige körperliche Voraussetzungen haben und mussten nicht den üblichen Vorstellungen von normal und schön entsprechen. Sowohl die gestalterische Umsetzung als auch der inhaltliche Gegenstand sind vom Gedanken der Inklusion geprägt. Ueber die Durchmischung der TeilnehmerInnengruppe sollten alle künstlerisch profitieren und eine möglichst vielfältig kreative Atmosphäre entstehen. Aus dieser Konstellation heraus entstanden aussergewöhnliche künstlerische Ergebnisse sowohl in der Art der Darstellung als auch im Dargestellten selbst.



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Viel Golf im Hain

Ein urbaner Minigolfplatz / Rainer Weber / 2014

Auf der Grünfläche vor der k.w.westend entstand temporär ein urbaner Minigolfplatz. In Workshops mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurden verschiedene Bahnen entwickelt und gebaut. Als Materialien wurden vorwiegend Gebrauchsgegenstände wie z.B. Möbel, Spielzeuge, Autoteile und sonstige „Recyclingbaustoffe“ verwandt. Diese durch ihre Funktion eigentlich festgelegten Dinge inspirierten zu ungewöhnlichen Bahnverläufen und gaben den einzelnen Minigolfparcours eine jeweils eigene skulpturale/anarchische Ästhetik.

Im Anschluss an den Bau der Anlage wurde der Platz öffentlich  in direkter Zusammenarbeit und größtmöglicher Selbstverwaltung mit den am Projekt beteiligten Jugendlichen betrieben.

Concrete Heroes

- Heldenbilder selbstbetoniert!                             In dem kooperativen Skulpturenprojekt der kultur.werkstatt.westend, dessen TeilnehmerInnen jeweils ca. zur Hälfte von der Allgemeinen Berufsschule Walle (ABS) und von der Universität Bremen kamen, wurden in gemischten Klein- gruppen lebensgroße Heldenskulpturen aus Glasfaserbeton entworfen und gebaut.

Helden sind die, die wir gerne wären. Wer sind unsere individuellen Helden? Was sind und was haben sie? Wie sehen sie aus? Wie gleich oder wie unterschiedlich sind die Vorstellungen von Helden in einer so unterschiedlichen Teilnehmergruppe? Diese Fragen trieben uns in der Entwurfsphase um.




15 Minuten modellieren ist wie ein kleines Schnitzel

Das Projekt versuchte mit dem Mittel der Postwurfsendung Menschen in skulpturale Prozesse zu verwickeln. Hierzu wurden 50 Pakete mit jeweils einem 5Kg Tonklumpen und einem Begleitschreiben an die potentiellen TeilnehmerInnen verschickt. Sie wurden aufgefordert, etwas für sie Relevantes aus dem Tonklumpen zu modellieren und anschließend selbigen in der k.w.westend abzugeben, wo er im Rahmen einer Skulpturenausstellung präsentiert wurde. Der Produktionsprozess wurde durch verschiedene Angebote wie z.B. eine offene Modellierwerkstatt, eine Telefonberatung und ein Onlineforum unterstützt.


Borrowed Attention  

Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit

Bei dem Projekt, das in Kooperation mit der Kulturwerkstatt westend umgesetzt werden soll,  geht es darum, Kunst von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die normalerweise nicht im öffentlichen Stadtbild auftaucht, öffentlichen Raum zu geben und somit ein Recht auf öffentliche Wahrnehmung des eigenen kulturellen Handelns im jeweiligen Lebensumfeld einzufordern und umzusetzen.

Die in den Werkstattangeboten hergestellten Skulpturen werden in einer Ausstellung im öffentlichen Raum präsentiert. Hierzu werden spezielle, im urbanen Raum „tolerierte Sockel“ wie z.B. BigPacks, Autoanhänger, Mülltonnen, Blumenkästen, Baucontainern und Fahrrädern verwandt. Diese Sockel verschaffen der Ausstellung zumindest eine temporäre Legalität und weisen gleichzeitig auf die bizarre Praxis von im städtischen Raum geduldetem bzw. nicht geduldetem hin. Für die Präsentation der Skulpturen können auch halb öffentliche Flächen mit Zustimmung der sich dafür zuständig fühlenden Person genutzt werden. Solche Flächen sind: Gut einsehbare Vorgärten, Einfahrten, Schaufenster, Blumenkübel usw..

Konzept u. Realisierung: R.Weber




Offensichtlich gibt es zwei Sorten von „Street Art“. Die eine wird gesammelt, kostet viel Geld, und wenn sie in Bremen auftaucht, dann wird die Stadt ihr nichts in den Weg stellen. So zum Beispiel 2009, als die Stadt sich mit einer Ausstellung schmückte und über das Beiprogramm darauf hinwies, wie jung, toll und tolerant sie ist. Die andere Form der Street Art ist offensichtlich unerwünscht: Ein Projekt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich in der Stadt präsentieren wollten und die nicht flüchtige Zeichen an eine Wand sprühten, sondern unbewegliche Masse im öffentlichen Raum positionierten. Masse kann man nicht negieren, da kann man nicht wegschauen oder überpinseln. Die Figuren mussten aus dem öffentlichen Raum entfernt werden und fanden Asyl auf dem Hof des Gerhard-Marcks-Hauses. Dort stellten sie weiterhin eine Reihe von grundsätzlichen Fragen: Nicht nur „wer entscheidet eigentlich, dass Werbung in der Stadt auch ohne Genehmigung erlaubt ist“ oder „ist Kultur nur Kultur wenn sie teuer ist?“, sondern auch „warum steht das in einem Museum?“ oder „Ist das Kunst?“

Jeder Bremer, der davon hörte, dass die Figuren aus dem Stadtraum entfernt werden mussten, schüttelte mit dem Kopf. Als Argument wurde ein Fußballspiel genannt, wobei man bei dem riesigen Polizeiaufgebot vielleicht auch einfach jeweils einen Polizisten neben jeder Figur hätte positionieren können (Das wäre wirksame Bremen-Werbung, nach dem Motto: Diese Stadt sorgt sich um die Kultur). Alle fragten sich, was die Entfernung sollte, ob es wirklich notwendig war und damit wurde ein klitzekleiner politischer Prozess angeschoben.    

Die Diskussion um die Entfernung der Figuren verdeckte aber den Blick auf das eigentliche Thema des Projektes. „Borrowed Attention“ handelte von Aufmerksamkeit. Wann schauen die Einwohner und wann schauen die Behörden hin? Was sehen die einzelnen Gruppen und Individuen, was wollen sie sehen und was bedeutet das für das Zusammenleben? Vor allem aber wurde die Frage gestellt, ob in dieser Stadt in bestimmten Fällen konsequent weggeschaut wird. Mit diesem Projekt forderten junge Bürger Aufmerksamkeit ein und stellten eine provokante Frage: „Hättest Du - Betrachter - gedacht, dass wir das können?“  

So wiesen sie auf das Kernproblem: Wir leben in Bremen in einer Stadt, in der viel zu viele Menschen (vor allem Politiker und Lehrer) glauben, dass andere Menschen etwas nicht können, anstelle eines grundsätzlichen Vertrauens in die Fähigkeiten aller Mitbürger. Kunstprojekte wie „Borrowed Attention“ handeln von diesem Vertrauen. „Noch nie eine Plastik gemacht?“ „Egal Du bekommst das hin“. Und gemeinsam erfreuen wir uns daran (ok, manche ärgern sich).

„Borrowed Attention“ hat Bremen daran erinnert, dass der öffentliche Raum nicht öffentlich ist und das Bürger das nicht unreflektiert hinnehmen sollten. Das wäre schon mal ein kleiner Erfolg. Ein großer wäre es, wenn die Stadt sich außerdem ihrer Potenziale bewusst wird,  dass die, von denen behauptet wird, dass sie nichts können, viel mehr können, als die die denken, sie wüssten es, sich überhaupt vorstellen können.  

Arie Hartog