RAINER WEBER >>

Skulptur / Partizipation / Bühne / Ausstellung / Text / vita / impressum

dokumentarische Verformung

.... Er schafft hier einen Spagat zwischen wissenschaftlicher Neugier, wenn Kräfte und Kraftfelder miteinander konfrontiert werden, und einer fast spielerischen künstlerischen Begegnung mit diesen Phänomenen. Er inszeniert Versuchsanordnungen, mit denen er aus einem ‚normiert' geformten Tonklotz mit dessen spezifischer Eigenschaft der relativ leichten Verformbarkeit und gleichzeitig dem begrenzenden Element des Plastiksacks als ‚Haut', der den Tonklumpen verpackungstechnisch zusammenhält und ihn daran hindert bei der Krafteinwirkung sich ins total Amorphe auszubreiten, einen Zustand der endgültigen, nur von der Versuchsanordnung bedingten Formveränderung herbeiführt.

Weber gestaltet die Versuchsanordnung, nicht den Tonklumpen. Er schafft Situationen, die dann „automatisch“ aus dem Normklumpen ein Objekt hervorkommen lassen, das sichtbar die einwirkenden Kräfte gespeichert hat. Zusammen mit dem Wissen um diese Versuchsanordnung kann der Betrachter sich diesen Vorgang bildhaft vorstellen: die Verformung, die neue Form wird Zeugnis einer nachvollziehbaren Aktion.

Ein weiterer Schritt ist für den Künstler notwendig: Nach der Verformung wird abgeformt. Weber versteht unter dem Begriff des Dokumentarischen genau das, was es ist: Durch ein Medium wird ein Geschehen festgehalten. Und selbstverständlich beeinflusst die Wahl des Mediums immer das Ergebnis. Die dokumentarische Abformung bei Weber geschieht deswegen durch den Abguss mit klassischer Gipsummantelung, die dann mit Steinguss ausgegossen wird. Um dem Ergebnis möglichst wenig von „künstlerischer Gestalt“ aufzudrängen, bleibt das Ganze ganz Weiß.

Was sieht man nun eigentlich als Betrachter? Natürlich macht es Spaß, sich die dahinter liegende Geschichte vorzustellen. Jeder, der diese Plastiken – und das sollen sie ja trotz aller Befremdlichkeit sein – anschaut, wird sich seine eigene Variante dazu ausdenken, wird seine eigenen Anekdoten dazu erfinden. Die Unerbittlichkeit dieser trivialen Formfindung hat aber noch einen weiteren Reiz: Man erfährt eine ganz elementare Ästhetik, man befindet sich gewissermaßen in Konfrontation mit der „Urplastik“: Das „Geworden-Sein“ – ja fast das „Geworfen–Sein“.

Tilman Rothermel


Golf II, Steinguß lackiert / Digitalprint, 2011

"Die sieben Samurai", Steinguß lackiert, 2011

"Elternabend Kindergarten", Steinguß lackiert, 2011

"Beim Wurst holen", Steinguß lackiert / Digitaldruck, 2011

"Anlehnung I", Steinguß / Digitaldruck, 2011

Ich als Indianer    /  Skulptur als Indianer , 2011

"Weiter betonieren!", Beton vergoldet, 2014

"Weiter betonieren!/RAUMECKE", Beton Glashaube, 2014

....Rainer Weber verarbeitet in seinen quellenden Plastiken Fundstücke aus der Überseestadt,  Flaschenreste, Bläschenfolie, Reste von Stahlarmierungen oder Betonbruchstücke und „betoniert sie spielerisch weiter“. Er überführt sie – im Sinne der eigenen Masterplanung -  von der „zweckvollen in eine zweckfreie Form“, sucht das Gegenteil von vernünftig, unterläuft das Humorlose des Betons, dem bevorzugten Stoff für das, was Umstrukturierung heißt.


Es ist ein Vergnügen ihm zuzuhören, wenn er in diesem Zusammenhang über seine Schlosserlehre spricht, die ihn unter anderem dazu gebracht habe, „furchtbar unbequeme“ Stahlstühle zu bauen. Vom diesem Prinzip des Unvernünftigen ließe er sich auch heute leiten, das Abenteuer des Funktionierens sei nicht sein Abenteuer. Entscheidend sei für ihn die Schlüssigkeit der entstehenden Formen. Die, angesichts des Betons, gemischt aus einer Gesteinskörnung und einem Bindemittel, erstaunlich seidige Oberflächen haben.


Glasvitrinen für seine 20 Arbeiten veredeln die Randerscheinungen baulicher Vergangenheitsbewältigung.....


                                                               A. Lampe/ 2014